Migration und Minderheiten

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„Neue“ Minderheiten

Was sind „neue“ Minderheiten?

Als „neue“ Minderheiten gelten vorwiegend ZuwanderInnen und WanderarbeiterInnen. Daneben werden manchmal auch Gruppen wie Homosexuelle, Behinderte oder anderweitig (mehrfach) diskriminierte gesellschaftliche Gruppen unter diesem Begriff zusammengefasst.

 

Wie entstanden die „neuen“ Minderheiten in Österreich?

Österreich war in seiner Geschichte lange Zeit eher ein Auswanderungsland – ebenso wie Europa lange eher ein Auswanderungskontinent war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis 1910 wanderten etwa 1,84 Millionen Menschen aus Österreich nach Übersee aus. Durch die beiden Weltkriege, die vielfältigen Vertreibungen und politischen Umwälzungen nach 1945 waren Millionen von Menschen innerhalb Europas unterwegs. Zwischen 1945 und 1950 wurden in Österreich etwa eine Million so genannte Volksdeutsche und Flüchtlinge vor allem aus Osteuropa aufgenommen. Gleichzeitig befanden sich etwa 1,6 Millionen ausländische ehemalige ZwangsarbeiterInnen, Kriegsgefangene und KZ-InsassInnen in Österreich, die Großteils das Land rasch verließen.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Österreich – so wie ein Großteil der wohlhabenden Industrienationen – zu einem Einwanderungsland. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Arbeitsmigration bzw. die so genannten Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen (siehe Geschichte der Zuwanderung nach Österreich).

 

Die Originalversionen des gekürzten Beitrags finden Sie im Downloadbereich der Homepage:

 „Neue Minderheiten. Migration und Integration“ von Gertraud Diendorfer und Susanne Reitmair-Juárez (Demokratiezentrum Wien)

 


Zuwanderung

Migration in Zahlen

Grundsätzlich kann man zwischen verschieden Gründen für Migration, bzw. Formen von Zuwanderung in Kärnten unterscheiden, zB Saison- und Gastarbeit, Familiennachzug, Heirat und Familiengründung, Studium, Armut, Arbeitskräftemobilität, wirtschaftsbedingte Zuwanderung oder Asylsuche aufgrund politischer, religiöser, ethnischer Verfolgung. Zu den ZuwanderInnen zählen aber auch „Lebensabendverbringer“ oder Rückwanderer aus dem Ausland.

Insgesamt lebten 2014 in Österreich 1,146 Millionen Menschen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit, das sind 13,3 Prozent der Gesamtbevölkerung. Diese Menschen sind aber keineswegs „gleichmäßig“ auf Österreich verteilt. Zwischen den einzelnen Bundesländern gibt es große Unterschiede bezüglich des Anteils der nichtösterreichischen Bevölkerung. Der Großteil der nichtösterreichischen Staatsangehörigen befindet sich in Wien (25,6 %), gefolgt von Vorarlberg (15%). Die wenigsten MigrantInnen leben demnach im Burgenland (7,3% ausländische StaatsbürgerInnen), in Niederösterreich (8,3 %), der Steiermark und in Kärnten (beide 8,7 %).

Betrachtet man nicht die Staatsangehörigkeit (Nationalität) der Menschen, sondern den Migrationshintergrund, so stellt sich die Zusammensetzung der österreichischen Bevölkerung wiederum etwas anders dar. Die Nationalität eines Menschen kann sich im Laufe seines Lebens ändern, z.B. durch Einbürgerung. Einen Migrationshintergrund kann man hingegen nicht „ablegen“, da sich dieses Merkmal auf den Geburtsort bezieht: Ein Mensch hat einen Migrationshintergrund, wenn entweder er selbst oder seine beiden Eltern im Ausland geboren ist/sind. Derzeit haben in Österreich 20,4% der Bevölkerung einen solchen Migrationshintergrund, wie die folgende Grafik zeigt.

BevoelkerungMigration

Abb.: Bevölkerung und Migrationshintergrund (© Demokratiezentrum Wien)

Auch die Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist nicht gleichmäßig in Österreich verteilt. Wiederum hat Wien den höchsten Anteil zu verzeichnen (40,7%), gefolgt von Vorarlberg (24,5%). Den niedrigsten Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund haben Kärnten (10,9%), Burgenland (11,5%) und die Steiermark (12%).

In der folgenden Grafik wird dargestellt, welche Länder die wichtigsten Herkunftsländer von ZuwanderInnen in Österreich sind. Die größte Gruppe fremder StaatsbürgerInnen kommt aus Deutschland (170.475 Personen), gefolgt von der Türkei (115.433 Personen) und den Ländern des ehemaligen Jugoslawien (Serbien: 114.289 Personen, Bosnien und Herzegowina: 92.527 Personen, Kroatien: 66.475). An diesen größten Herkunftsländern lässt sich die Zuwanderungsgeschichte gut ablesen: ZuwanderInnen kommen vorwiegend aus anderen EU-Staaten (Deutschland, Polen, Ungarn, Rumänien, Kroatien) bzw. aus Herkunftsländern ehemaliger „GastarbeiterInnen“ (vor allem Türkei und ehemaliges Jugoslawien) (siehe Geschichte der Zuwanderung in Österreich und die Timeline: Phasen der österreichischen Einwanderungspolitik). Das zeigt, dass Zuwanderung eine Gesellschaft nachhaltig prägt.

MigantInnen
Abb.: MigrantInnen in Österreich: Herkunftsländer (© Demokratiezentrum Wien)

 

Geschichte der Zuwanderung in Österreich

Nach der ersten Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Wirtschaft in Österreich in den 1950er Jahren stark an, was zu einer großen Nachfrage nach Arbeitskräften und Ende der 1950er Jahre erstmals zu einem Arbeitskräftemangel führte. In Kärnten setzte der Wirtschaftsaufschwung in den 1960er Jahren ein und war von einem Strukturwandel begleitet. Während die Bedeutung von Landwirtschaft und Bergbau sank, wurden der Dienstleistungssektor und der Fremdenverkehr (rund um die Kärntner Seen) ebenso zu Wirtschaftsmotoren wie Elektroindustrie, Metallverarbeitung und Maschinenbau. Trotz des wirtschaftlichen Wachstums verließen aber viele Kärntner und Kärntnerinnen ihr Bundesland: Zwischen 1961 und 1988 wanderten 51.200 Personen in andere Bundesländer oder ins Ausland ab. Dieser Trend verstärkte den Bedarf an Arbeitskräften und ist bis heute für Kärnten zu beobachten.

Daher forderten ArbeitgeberInnenverbände eine Öffnung des österreichischen Arbeitsmarkts für ausländische Arbeitskräfte. Dies war keine ungewöhnliche Maßnahme: Die Schweiz warb bereits seit 1948 und Deutschland seit 1955 aktiv um ausländische Arbeitskräfte. Das führte unter anderem auch dazu, dass viele ÖsterreicherInnen Arbeit in Deutschland und der Schweiz suchten, wo sie sich bessere Verdienstmöglichkeiten erhofften. Diese Migrationsbewegungen (auch eine Form der Gastarbeit) verstärkten den Arbeitskräftemangel in Österreich. Daher wurde 1961 ein Anwerbeabkommen zwischen Österreich und Italien, 1962 mit Spanien, 1963 mit der Türkei und 1966 mit Jugoslawien abgeschlossen. ArbeitgeberInnen- und ArbeitnehmerInnenverbände einigten sich jedes Jahr auf ein so genanntes Kontingent, also eine Anzahl von ausländischen Arbeitskräften, die in einem Jahr in Österreich eine Arbeitserlaubnis und eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen sollten. Dabei wurde einerseits ein österreichweites Kontingent festgesetzt, das dann wiederum auf die einzelnen Bundesländer je nach „Bedarf“ der Wirtschaft verteilt wurde.

 

Das Modell der Gastarbeit

Die ursprüngliche Idee des GastarbeiterInnenmodells folgte einem Rotationsprinzip: Wie das Wort „Gast“ schon impliziert, sollten die Menschen für einen kurzen Zeitraum in Österreich arbeiten und dann in ihre Heimatländer zurückkehren – es würden dann andere ArbeiterInnen nachrücken. Aus verschiedenen Gründen kam es in der Praxis aber kaum zu solch kurzfristigen „Rotationen“. Einerseits wünschten die ArbeitgeberInnen, dass über längere Zeiträume die gleichen ArbeiterInnen in ihren Betrieben bleiben, damit sie betriebsinternes Wissen ansammeln können. Andererseits wollten auch die so genannten GastarbeiterInnen längerfristig in Österreich bleiben, holten ihre Familie nach oder gründeten hier Familien. Mit dem Erdölschock 1973 und der nachfolgenden Wirtschaftskrise sank auch in Österreich der Bedarf nach (ausländischen) Arbeitskräften. Die jährlichen Kontingente wurden stark gekürzt, bzw. fand 1974 ein offizieller Anwerbestopp statt. Viele verloren ihre Arbeit oder Arbeitsbewilligung und kehrten wieder in ihre Heimatländer zurück. Ab Mitte der 1980er Jahre erholte sich die Wirtschaft wieder deutlich und auch die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte stieg wieder an. Der Zugang zum Arbeitsmarkt wurde aber seit 1975 durch das so genannte Ausländerbeschäftigungsgesetz strenger geregelt. Dennoch verlängerten viele  GastarbeiterInnen ihre Aufenthaltsgenehmigung – sie hatten häufig schon viele Jahre hier verbracht und auch Familien gegründet. Aufgrund der veränderten Wirtschaftslage und strengeren rechtlichen Regelungen für Zuwanderung stagnierte der Anteil an ausländischen Arbeitskräften (und somit an ausländischer Bevölkerung) in Österreich in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre.

Durch den EU-Beitritt Österreichs 1995 und die stärkere Integration der EU wächst seit Ende der 1990er Jahre der Anteil der ausländischen Bevölkerung in Österreich wieder an – allerdings nicht mehr durch Zuwanderung aus den Herkunftsländern der früheren GastarbeiterInnen (vor allem Türkei und ehemaliges Jugoslawien), sondern durch Zuwanderung aus anderen EU-Mitgliedsstaaten (siehe Migration in Zahlen).

 

Die Originalversionen des gekürzten Beitrags finden Sie im Downloadbereich der Homepage:

 „Neue Minderheiten. Migration und Integration“ von Gertraud Diendorfer und Susanne Reitmair-Juárez (Demokratiezentrum Wien)

Einen weiteren Überblick bietet die Timeline: Phasen der österreichischen Einwanderungspolitik von Gertraud Diendorfer und Susanne Reitmair-Juárez (Demokratiezentrum Wien)

 

 

Links zu den Themen Migrationsminderheiten und Integration:

 

 


Flucht und Asyl

Österreich als sicherer Staat – Flüchtlinge in Österreich

Neben der Arbeitsmigration gab es auch mehrere Fluchtbewegungen nach Österreich. So flüchteten 1956/57 etwa 180.000 Ungarn und Ungarinnen nach Österreich – die österreichische Bundesregierung erteilte damals per Ministerratsbeschluss allen Menschen Asyl. 1968/69 verließen nach dem so genannten Prager Frühling etwa 162.000 TschechInnen und SlowakInnen ihre Heimat – viele nutzten Österreich allerdings nur als Transitland und blieben nicht lange in Österreich – etwa 12.000 TschechInnen suchten um Asyl an. 1981/82 kamen nach der Verhängung des Kriegsrechts in Polen zwischen 120.000 und 150.000 Menschen nach Österreich – wiederum blieb aber nur ein Teil von ihnen längerfristig in Österreich und suchte um Asyl an (etwa 30.000 PolInnen; siehe Wanderausstellung Migration on Tour).

In den 1970er und 1980er Jahren gab es aber auch in weiter entfernten Ländern Krisen, die zu größeren Fluchtbewegungen führten. So kamen beispielsweise nach dem Putsch des Diktators Augusto Pinochet viele ChilenInnen nach Österreich, nach der „Iranischen Revolution“ 1979 verließen viele Menschen ihr Land. In Staaten wie Afghanistan herrschen schon seit Jahrzehnten blutige Konflikte, so dass immer wieder Menschen von dort in ein sicheres Land aufbrechen. Auch in den letzten Jahren mussten weltweit aufgrund von Kriegen, Katastrophen und Konflikten wieder viele Menschen ihre Länder verlassen. In den Jahren 2015 und 2016 registrierte das UNHCR weltweit etwa 60 Millionen Flüchtlinge – so viele wie seit dem zweiten Weltkrieg nicht  mehr.

Die folgende Graphik zeigt die Entwicklung der Asylanträge in Österreich seit den 1980er Jahren. Die großen Spitzen bei den Antragszahlen sind vorwiegend auf Konflikte oder Krisen zurückzuführen, die  Menschen zur Flucht zwingen. 2014 gab es insgesamt 28.064 Asylanträge in Österreich. Im selben Jahr wurden 22.563 Verfahren entschieden, wovon 52 % positiv waren – die Menschen haben also Asyl bekommen, 44 % waren negativ, die übrigen Verfahren wurden eingestellt.

Asylantäge

Abb. Entwicklung der Asylanträge sowie der positiven und negativen  Bescheide von 1981 bis 2014 (© Demokratiezentrum Wien)

 

Ein Jahr später zeigt sich auf Grund der starken Flüchtlingsbewegungen eine enorme Steigerung der eingebrachten Asylanträge:  2015 werden in Österreich 89.098 Asylanträge gestellt, die meisten von StaatsbürgerInnen aus Afghanistan (25.563), Syrien (24.547) und dem Iran (13.633). Unter den Asylsuchenden befinden sich 8.277 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, der Großteil von ihnen zwischen 14 und 18 Jahren.

In Österreich wurde 14.413 Personen Asyl gewährt (hauptsächlich syrischen StaatsbürgerInnen: 8.114), bzw. subsidärer Schutz ausgesprochen (2.478). Fast ebenso viele Anträge wurden abgelehnt (13.152), überwiegend aus dem Kosovo (2.555). Ein Großteil der Verfahren war Ende des Jahres 2015 noch nicht abgeschlossen.

 

Laufend aktualisierte Asylstatistiken finden Sie unter:

 

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